Thema: BRAVO ...
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Alt 13.10.2008, 19:34
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wate wate ist offline
Mensch
 
Registriert seit: 20.11.2006
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Spannendes Thema.

Ich bin ja nun von Natur aus ein eher konservativer Mensch, der, das gebe ich umunwunden zu, nicht imstande ist, die eigenen Ideale 100ig zu leben.

Maßgeblich für dieses konservative Denken ist natürlich die genossene Erziehung, wobei wir jetzt ganz grundsätzlich diskutieren könnten, ob in den 50ern, 60ern und 70ern alles viel schlechter war, als heute. Vielleicht ist heute alles nur anders geworden.

Die Vernichtung unserer Werte hat spätestens mit der Einführung der privaten Fernsehsender begonnen. Aber sofort würde an dieser Stelle nachgefragt werden, was denn Werte seien.

Viele jungen Leute heute wissen nicht mal, ob Konrad Adenauer Mittelstürmer der deutschen Weltmeisterkicker von 1954 oder Bundeskanzler war. Viele kennen nicht mal mehr Willy Brandt, um hier politisch ausgewogen zu bleiben. Und dass laut einer ZDF-Umfrage von letzter Woche 18-jährige nicht mal wissen, wer Honecker und was die DDR war, ist absolut erschreckend.

Muß man das heute wissen? Offensichtlich interessiert viele Leute heute mehr, ob die Gruppe Monrose rote oder weiße Schlüpfer an hat, und viele empfanden es als Tragödie, als Möchtegernsänger Küblböck bei DSDS rausgeflogen ist. Wir dürfen uns nicht wundern, dass die PISA-Studien wenig schmeichelhaft für die deutsche Jugend und das Bildungssystem sind.

Auf der einen Seite sind wir an diesen Entwicklungen selbst schuld. Der elektronische Budenzauber Internet entwickelt sich so rasant, dass die Eltern oft nicht mehr mitkommen und resignierend erkennen müssen, wie ihre Kinder in virtuellen Welten versinken. Der Dummquatsch zur besten Fernsehsendezeit trägt ein Weiteres zur Verblödung unserer Jugend bei. Auf der anderen Seite scheint diese Entwicklung nicht mehr aufzuhalten.

War die Jugend früher gescheiter? Sie hatte mangels Internet weniger Input, mußte sich mehr engagieren, um Prüfungen in der Schule zu bestehen. Sie hatte mehr Respekt Persönlichkeiten und deren Leistungen gegenüber. Vielleicht hatte sie einfach nur das Glück, nicht im heutigen Internetzeitalter groß werden zu dürfen.

Entsprechend gab es früher große Persönlichkeiten aus allen Bereichen des täglichen Lebens. Heute sind große Persönlichkeiten eher Eintagsfliegen. Ein Kommen und Gehen z.B. in der Musikszene - wenig bleibt.

Frage: Muß was bleiben? Wer mit Kultur und Traditionen bricht, lebt auf dünnem Eis.

Hochintelligente Köpfe wie Marcel Reich-Ranicki passen dennoch in solch eine Fernsehpreisverleihung. Dass er sich unter all den Schwachköpfen und Möchtegernkünstlern nicht wohlfühlt, darf einer mit 88 Jahren allerdings sagen. Und ich denke mal, dass diese ehrliche Aussage des Kritiker-Papstes allemal besser ist, als die Fäkalsprache anderer Preisträger.

Und, Travis, einen gravierenden Unterschied zwischen MRR und DB sehe ich abgesehen von der wesentlich höheren Intelligenz des alten Kritikers dann doch noch: DB zieht über untalentierte Jugendliche her, macht sie fertig (pädagogisch sehr wertvoll), während MRR keine Bücher von Schwachmaten kritisiert. Und die Leseratte wird dankbar sein, wenn er in schonungsloser Offenheit erfährt, was er vom Inhalt eines Buches zu halten hat.
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