Thema: "Angst"
Einzelnen Beitrag anzeigen
  #25  
Alt 07.01.2007, 22:56
Benutzerbild von Kamantun
Kamantun Kamantun ist offline
Frischling
 
Registriert seit: 05.12.2006
Beiträge: 93
Standard

@ MAXX
Danke. Auch wenn mir noch nicht so ganz klar ist, wie das (bei mittelgroßen bis großen Ängsten) im konkreten Fall funktionieren soll/kann: Im Prinzip verstanden.

(Ist halt blöd, dass es keine allgemeingültigen Intensitätsstufen für Angst gibt. Nicht geben kann...)

@Ayla
Zitat:
Zitat von Ayla Beitrag anzeigen
Vielmehr möchte ich noch einmal dahin, ob Angst IMMER real wahrgenommen werden muss? Aus der Medizin weiss man, daß Angst auch ZUERST als Körperdefizit wahrgenommen werden kann und gar nicht als Angst von den Betroffenen realisiert wird!
DAS wiederum bringt mich dazu zu hinterfragen, ob Angst überhaupt richtig definiert, begründet oder erklärt worden ist?
Die Definitionen von Angst (zumindest, die ich gefunden habe), widersprechen Deinen Einschätzungen nicht. Klick
Daraus: "Sehr oft sind Ängste vorhanden, deren Existenz die Betroffenden nicht bestätigen können, da sie verdrängt werden. Besondere Ängste, die Charakter bestimmend sind, beschreibt Fritz Riemann. Die von ihm beschriebenen Ängste sehen nur wenige Menschen, obwohl jeder Mensch ein oder mehrere dieser Ängste besitzt."
Zitat:
Ich will Dir ein Beispiel nennen: Jemand lernt einen Menschen kennen und man findet sich sympathisch. Nun gibt es Menschen die genau an dem Zeitpunkt anfangen mit sich zu hadern. Sie "denken" sich alle möglichen Szenarien aus warum dieser Mensch nicht für eine Partnerschaft in Frage kommt. Ist das Angst???
Ich würde sagen, ja.
Zitat:
Und wenn ja - wovor hat man dann Angst? Man kennt diesen Menschen doch gar nicht! Man weiss also nicht WAS passieren kann.
Man weiß aber, was alles passieren könnte.
Zitat:
Nimm mal weiter an, dieser Mensch hat noch keine lebensbedrohlichen mit Angst verbundene Situationen erlebt oder schwerwiegende Verluste erlebt. Wovor sollte also diese "Angst" dann warnen? Pauschal vor Unbekanntem? Unwahrscheinlich!
Für so unwahrscheinlich halte ich das nicht.
Aus obigen Link: "Im Alltag kann die Angst um sich latent bleiben, so lange man sich im Besitz dessen wähnt, worauf man vertraut. Das Vertrauen schlägt aber in Verzweiflung um, wenn man es verliert."
Jeder Mensch hat einen begrenzten Lebensraum, innerhalb dessen er vertraut. Nehmen wir nun mal an, dass für einen Menschen eine Partnerschaft nur außerhalb dieses vertrauten Raumes möglich wäre (für den einen ist diese Grenze identisch mit der des Universums, für den anderen liegt sie in Kolumbien und für einen dritten an der eigenen Wohnungstür) - dann wird er jede Menge Hummeln im Hintern bekommen und tausend Gründe finden, warum das mit der Partnerschaft nicht funktioniert. Zwar kann er nicht wirklich wissen, was ihn in der Fremde erwartet, aber dafür weiß er, was er zurücklassen würde: (Selbst-)Vertrauen und (Selbst-)Sicherheit.

Was ist das denn anderes als eine Angst vorm Unvertrauten, vorm Unbekannten?
Zitat:
Ist "Angst" dann kontrollierbar und unterliegt der WILLENSFREIHEIT , so wie die Schuld?
Wie könnten wir denn etwas kontrollieren, was uns doch (mehr oder weniger) selbst kontrolliert?

Einen freien Willen gibt es doch nur insofern, dass wir innerhalb eines begrenzten Spektrums frei entscheiden können. (Übertriebenes Beispiel: Ohne die entsprechenden Anlagen/Fertigkeiten kann ich kein Mathematikgenie werden - so sehr ich mir das auch wünsche.)
Zitat:
Kamantun:Die Angst verliert in dem Moment ihre Macht über einen, wo man ihre angedrohten Höllenqualen von A-Z durchlitten hat.
Ayla:DAS halte ich wiederum für schlicht falsch.
Aber auf genau diesem Prinzip basiert doch die Konfrontationstherapie, oder nicht?
Zitat:
Nichtwollen und Nichthandeln... Also doch nur eine "chemische" Reaktion im Hirn die lähmt? Somit ergo behandelbar! Da fallen mir ein paar Drogen ein.......
Am Ende aller Verhaltensweisen, Gefühle usw. steht doch immer ein hirnchemischer Prozess.

(Aber werden denn Ängste tatsächlich auch medikamentös behandelt? - Also, außer zur Symtombekämpfung...?)
Zitat:
Und WER sagt Dir, daß DAS eine Phobie ist???
Naja, wenn alle Bedingungen für eine Phobie erfüllt sind...dann nenne ich das eben eine Phobie.
Zitat:
Und wenn da nun "Ängste" dahinter stecken, die sich auf "Umwegen nur" in DIR bekannten "Bildern" und Gefühlen darstellt, aber mit engen REALEN Räumen (Enge ist ein Symptom der Angst an sich) gar nix zu tun haben???
Das verstehe ich nicht so ganz. (Also gut: Ich verstehe es gar nicht... )
Zitat:
Kamantun:Weil den Betroffenen diese Lebenssituationen, denen sie sich entziehen noch viel unangenehmer vorkommen, als das eingeschränkte Leben mit all den Ängsten.
Ayla:DAS würde ja schon fast an Weisheit grenzen! WOHER nehme ich mir das Recht zu ERKENNEN oder VORZUSTELLEN was in der ZUKUNFT passieren könnte???
Ich weiß, es ist illegal. Aber so sind Gehirne eben...
Zitat:
Und dann auch noch REALE Angst zu empfinden? Da stimmt doch irgend etwas nicht!?
Kann man Ängste denn auch unreal empfinden?
Zitat:
Kinder zeigen eine ursprüngliche Lust am Gruseln. Selbst die Kleinsten sind durch Märchen, in denen aufgefressen, zu Tode getanzt und enthauptet wird, nicht überfordert. Im Gegenteil. Der Kinderpsychologe Bruno Bettelheim (1903-1990) untersuchte die Bedeutung des Gruselns in Kindermärchen. Er stellte fest, dass die Begegnung mit der Angst ein unerlässliches Moment der Entwicklung ist. Kinder müssen mit Angst konfrontiert werden, um sie benennen zu können, denn nur so ist sie bewältigbar. Das Gruseln stimuliert auch die erste Auseinandersetzung mit dem Tod, ohne die, so Bettelheim, keiner zum vollen Menschen heranreifen könne.
Gruseln ist Angst in homöopathischen Dosen.
Zitat:
Kamantun:Ich denke, dass es in einem praktischen Sinne völlig egal ist, wie Du Deine Angst subjektiv betrachtest. Auch wenn Du zu der Erkenntnis kommen solltest, dass sie vollkommen überflüssig und irrational ist, wirst Du sie dadurch nicht los.
Ayla:Falsch! Dann würden ja Konfrontationstherapien nicht greifen können.
Richtig. Das war falsch. Also das von mir.
Zitat:
Was mich zur nächsten Frage führt: WIE ist es möglich kollektive "Angst" zu erzeugen, wenn Angst nur individuell wahr genommen werden kann???
Weil Angst oftmals ansteckend sein kann?
Zitat:
Ist das Wort "Angst" vielleicht nur letztlich eine Raummetapher und bedeutet "Enge". ? Ist Angst die unmittelbare Registration von einem verengten Raumverhältnis?
Wenn Du "Raumverhältnis" nicht nur wörtlich nimmst (könnte bspw. auch ein Spielraum sein), denke ich, triffst Du den Nagel auf den Kopf.
Zitat:
Durch aufkommende Furcht schreitet der Organismus zu Flucht, was nichts anderes bedeutet, als daß man sich verspricht durch Distanzschaffung, den "engen Ort" durch die zurückgelegte Strecke wieder zu vergrössern? Das würde aber ein sehr konfuses Bild von "Angst" zeigen und ist für mich dann überhaupt nicht mehr mit vereinzelbaren Handlungen einiger Menschen erklärbar.
Du meinst, weil einige Angstreaktionen der Menschen nicht so recht zu dem Bild der "Distanzschaffung" passen zu scheinen, weil sie sich doch viel eher zurückziehen; also den Raum sogar noch verkleinern?

Ich sehe da nicht unbedingt einen Widerspruch, weil das Ziel des Distanzschaffens auch damit erreicht wird.

Ich denke mal, eine "Enge" kann auch immer nur in Bezug auf die Außenwelt wahrgenommen werden und die größtmögliche Distanzierung/Flucht aus dieser Enge besteht also darin, sich komplett von der Außenwelt zurückzuziehen. (Das würde zumindest die Richtung der Flucht erklären.)

In diesem Zusammenhang gibt es sicherlich noch viele interessante Gesichtspunkte: Wie verhält es sich mit Autisten; wie mit Leuten, welche ihr Leben damit verbringen in aller Welt (großer Raum!) Achttausender zu besteigen oder in Eiswüsten umherzukraxeln usw.
__________________
Das Auge sieht, was es sucht.
Mit Zitat antworten